Votivkreuz im Eichgatter
Der 40jährige Maurer und Waldsamenhändler Johann Wendelin Bürgi aus Oberzeihen war Vater von drei Kindern. Kurz vor der Geburt seines vierten Kindes verunfallte er 1874 auf einer Baustelle schwer. Gott erhörte jedoch die Gebete der frommen Familie und liess den Vater rasch genesen. Zum Dank für die wiedererlangte Gesundheit und für die glückliche Geburt eines Sohnes wollte Bürgi westlich des Weilers Oberzeihen ein altes Holzkreuz durch ein steinernes ersetzen. Seine Frau Sekunda unterstützte das Vorhaben. Der Standort des Kreuzes, eine kleine Anhöhe im Gebiet Eichgatter, lag im Herznacher Bann. Mit der wohlwollenden Unterstützung der Pfarrer von Herznach und Zeihen erhielten die Bürgis sowohl vom Landeigentümer als auch vom Gemeinderat Herznach die Bewilligung für ein neues Kreuz ohne Probleme.
Armer Besenbinder sammelt für Kapelle
Das Kreuz wurde von Gläubigen aus der Umgebung gerne aufgesucht. Einige Zeiher stellten in Fronarbeit Sitzbänke auf. Einer, den man beim Eichkreuz oft antreffen konnte, war Johann Uebelhardt, auch Zeiherhans genannt. Das Dorforiginal lebte im Herznacher Armenhaus und verdiente unter anderem mit der Herstellung von Reisigbesen und dem Verkauf von Waldfrüchten etwas Geld. Als in den 1930er Jahren der Wunsch aufkam, beim Eichkreuz eine Kapelle zu bauen, startete Uebelhardt eine Geldsammlung zugunsten des Projekts. Die Kapelle wurde in Holz gebaut. Bis heute wird sie vor allem von Gläubigen aus den benachbarten Dörfern besucht, welche die Ruhe des Ortes schätzen. Eher selten finden religiöse Andachten statt.
Das Leiden Jesu im Mittelpunkt
Der vordere Teil der Kapelle mit dem Kreuz von 1874 ist überdacht, jedoch nach drei Seiten hin offen. Neben dem Kreuz stehen zwei Bildstöcke, die den Gekreuzigten sowie Jesus am Ölberg zeigen. Eine kleine «Grotte» mit einer Figur der Maria von Lourdes lenkt etwas von der Leidensgeschichte Jesu ab. An den Kapellenwänden sind religiöse Bilder zu sehen, die einst in Wohnstuben und Schlafzimmern hingen und von den Eigentümern hierher gebracht wurden. Das Eichkreuz befindet sich heute auf Zeiher Boden. Die Kapelle steht auf dem Land des benachbarten Bauernhofs und ist Privatbesitz, während das Kreuz Eigentum der beiden Kirchgemeinden Zeihen und Herznach-Ueken ist. (lh)
Spiritueller Impuls:
Eine Kapelle mit Einblick und Ausblick
Schlichtheit und Ruhe der Eichkreuzkapelle laden ein zum Verweilen und zu einer doppelten Wahrnehmungsübung: Ich blicke auf das alte Steinkreuz mit seinen Bildern und auf die Lourdesgrotte am Boden. Sie sind keine grosse Kunst, aber tiefe Zeugen des Glaubens. Menschen in ihrer Not kamen hierher und fanden Trost. Sie fanden Hilfe im Blick auf den mitleidenden Gott am Kreuz oder im mütterlichen Antlitz Gottes der Maria von Lourdes.
Und ich? Wie geht es mir? Was belastet mich? Welche Not der Welt will ich vor Gott ausbreiten?
Die Chorwand der Kapelle ist offen. Das lebendige Grossgemälde der Kapelle ist Gottes Schöpfung, die eindrückliche Landschaft Oberzeihens.
Ich bin eingeladen, mich als Teil der Schöpfung zu erfahren. Was höre ich? Was sehe ich? Was spüre ich?
Die Natur predigt von Gottes Liebe zu den Menschen und zur Welt. Und ich höre Jesus sagen: «Macht Euch keine Sorgen! Seht die Vögel des Himmels! Seht die Lilien des Feldes. Gott sorgt für alle und auch für Dich!» (nach Mt 6,25-33)