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Amnördlichen Dorfausgang von Herznach steht die Verena-Kapelle, ein besondersinteressantes und geschichtsträchtiges kleines Gotteshaus.
Fundeund Ausgrabungen 1990/91 vor der Innen- und Aussenrenovation 1992/93 belegen,dass sie etwa um 950 als Kapelle eines Herrenhofes entstanden sein muss. Eskonnten mindestens drei weitere Gebäude und eine Hofmauer, die zur ganzenAnlage gehörten, nachgewiesen werden.
DerStaffeleggbach muss das Gebiet um die Verena-Kapelle immer wieder überschwemmtund mit Geschiebe überdeckt haben. Daher musste das Kirchlein immer wiedererhöht und aus dem Boden gehoben werden. Bei verschiedenen Renovationen konntensieben ältere übereinander liegende Böden festgestellt werden. Der tiefste lagrund 1,5 m unter dem heutigen Niveau. Anhand von Brandspuren konnte auchnachgewiesen werden, dass das Gotteshaus mindestens zweimal ausbrannte unddann wiederhergestellt oder ganz neu errichtet wurde.
Währendder erste Bau etwa um 950 entstand, kann ein Nachfolgebau auf etwa 1400 datiertwerden. Die heutige spätgotische Form erhielt das Verena-Kirchlein im Jahre 1516.
ZurAusstattung von 1516 gehörten auch ein sehr wertvoller, geschnitzter gotischerFlügelaltar aus Holz sowie die Statuen des heiligen Wendelin und des heiligenRochus. Da die Kapelle lange Jahre in schlechtem Zustand und feucht war, drohteder Altar gegen Ende des letzten Jahrhunderts zu zerfallen. Schon am 28.November 1887 wandte sich der Direktor der Handwerkerschulen Aarau mit einemBrief an die Kirchenpflege, in dem er feststellte, der Altar sei dem Unterganggeweiht, wenn er nicht bald restauriert und besser untergebracht werde.
Dader Kirchgemeinde das Geld für die Renovation von Kapelle und Altar fehlte,entstand ein jahrelanges Hin und Her, ohne dass eine Lösung in Sicht gewesenware.
1896wurde an der Kirchgemeindeversammlung sogar der Antrag gestellt, die Kapelleabzubrechen und durch ein Wegkreuz zu ersetzen. Der damalige Pfarrer XaverBürgi sprach sich aber vehement gegen dieses Ansinnen aus.
1900schliesslich bot man den Altar dem Landesmuseum für Fr. 3000.— zum Kauf an. DasMuseum bot aber nur Fr. 1800.—, und so gediehen die Verhandlungen nicht weiter.
Ander Kirchgemeindeversammlung vom 27. April 1902 wurden Kirchenpflege undVerwaltungsbehörde (politische Aufsichtsbehörde) ermächtigt, mit dem Kantonfür den Betrag von Fr. 3000.— Verkaufs-verhandlungen aufzunehmen.
Am1. September 1902 konnte mit der Kantonsregierung ein Kaufvertrag über Fr.2600.— abgeschlossen werden. Bedingung war, dass der Altar im Besitz deskantonalen Museums bleiben müsse und nicht weiter veräussert werden dürfe.
DieKirchgemeindeversammlung vom 22. Februar 1903 lehnte diesen Vertrag aber ab.
Daraufhinermahnte der Regierungsrat die Herznacher und Ueker energischer und schrieb am21. August 1903 in einem Protokollauszug:
«DieKirchgemeinde Herznach wird vorgehalten, den dortigen Kapellenaltar ohneZögerung zum Zwecke seiner Erhaltung einer angemessenen Restauration durch dasLandesmuseum in Zürich zu unterwerfenund das restaurierte Kunstwerk an einem vor Beschädigungen sichern Ortaufzubewahren.»
GesetzlicheBestimmungen über den Gemeindeunterhalt boten hier dem Regierungsrat dieMöglichkeit, verfügend einzugreifen und Lösungen auch gegen den Willen derKirchgemeinde zu fordern.
Nachdieser obrigkeitlichen Mahnung und da das Geld immer noch fehlte, genehmigtedie Kirchgemeindeversammlung am 6. September 1903 den am 22. Februar abgelehntenVertrag.
AlsErsatz für den nun fehlenden Flügelaltar liess man für Fr. 400.— durch dieFirma Benziger, Einsiedeln, vier Statuen aus Gips anfertigen (heilige Verena,Ägidius, Ehgius und Agatha) und an den Seitenwänden anbringen.
Mitdem erhaltenen Geld machte man sich 1904 an die dringend notwendigeRestauration der Kapelle. In deren Verlauf stiess man auf den sogenannten«Landelous-Stein». Der Stein, ebenfalls restaurationsbedürftig, wurde mitVertrag vom 24. August 1904 für den Betrag von Fr. 250.— an den Kanton Aargauverkauft.
Alsim Jahre 1932 die Verlegung der Kantonsstrasse vom Sagenstich in den Talbodengeplant wurde, wollte die kantonale Strassenbaudirektion die Verena-Kapellekaufen und dann abbrechen. Die Kirchgemeindeversammlung stellte sich abereinstimmig gegen einen Abbruch und lehnte den Verkauf ab. Ironie desSchicksals: 2oJahre später, nach der Renovation 1951/52, stellte der KantonAargau das «Abbruchobjekt» unter Denkmalschutz.
Wiedermussten fast 50 Jahre vergehen, bis auf Druck der kantonalen Behörden diedringend erforderlicheAussenrenovation und die Entfeuchtung vorgenommen wurden, denn die Finanzenwaren so kurz nach Kriegsende weiterhin knapp. Die Renovation des Kirchturms1946 war noch nicht verkraftet, und die längst fällige Aussenrestauration vonKirchenschiff und Chor war aus finanziellen Gründen zurückgestellt worden. DieSorgen des damaligen Pfarrers Anton Brunner fand man aufgeschrieben undeingerollt in der Turmspitze.
1992/93 fanden eine erneute Aussen- sowie eine Innenrenovation mit dem Einbau einer Fussboden-Heizung statt. Deshalb nutzte die kantonale Denkmalpflege die willkommene Gelegenheit, um in den Jahren 1990 und 1991 umfangreiche Grab- und Sondierbohrungen vorzunehmen. Die Ergebnisse sind in der ARGOVIA-Jahreszeitschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau, Band 104, 1992, ersichtlich.
Zum Abschluss der Innen- und Aussenrenovation von 1992/93 schenkten die politischen Gemeinden Herznach und Ueken der Kirchgemeinde Herznach-Ueken ein
schmuckes Wandbild des verkauften Verena-Altars, sodass dieser wenigstens wieder in Bildform an seine Ursprungsstätte zurückgekehrt ist.
Auch der verkaufte «LandelousStein» ist wenigstens wieder in Bildform an seine Ursprungsstätte zurückgekehrt und am Altarsockel sichtbar. Die kantonale Denkmalpflege hat damit eine 1990 gemachte Zusicherung erfüllt.
Mit dem Einbau einer Fussboden-Heizung 1992/93 wurde es ermöglicht, dass die Kapelle jetzt ganz-jährig benützt werden kann. Jede Woche findet darin eine Eucharistiefeier statt. Ebenso wird wöchentlich der Rosenkranz gebetet, in den Monaten Mai und Oktober zweimal. Monatlich wird einmal am Sonntag ein voreucharistischer Gottesdienst abgehalten. Auch werden in der Kapelle seither Meditationsabende abgehalten.